Pressemeldung 17.7.2022
I. „Darf’s ein wenig mehr sein?“
Dieser Fleisch-und Wursttheken-Spruch passt zur Entwicklung der Kosten für die sogenannte Küstenautobahn A 20.
Bei der Vorstellung des Projekts im Jahr 2004 wurden Kosten für das Projekt A 20 von Westerstede/Ammerland bis Drochtersen/Elbe in Höhe von 880 Millionen Euro genannt. Kurze Zeit später waren es 1,1 Milliarden, um dann auf 1,35 Milliarden Euro im Jahr 2015 anzusteigen.
Nach neuesten Meldungen liegen die Kosten für die A 20 derzeit bei 5,8 Milliarden Euro und das wird noch lange nicht das Ende der Fahnenstange sein, denn auch dieser Wert hält einer Überprüfung nicht Stand.
Dabei wäre es so einfach gewesen, schon damals, spätestens 2007 einen realistischeren Wert zu finden. Das wollte man nicht. Man wollte nicht, dass das Projekt in der Versenkung verschwindet.
Unter dem Titel „Transparenz, Effizienz, Wettbewerb: Ein zwei Säulen-Konzept zur Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur“ hatte der Wirtschaftsrat der CDU e.V. eine Broschüre herausgegeben, die zu den Kosten des Autobahnbaus wertvolle Informationen gibt.
Dazu hatte der Wirtschaftsrat das Planungsbüro Schmid Traffic Service GmbH beauftragt, die „tatsächlichen Kosten eines Kilometers Autobahn“ zu ermitteln. Das Planungsbüro hatte zu dieser Kostenermittlung eine „Erhebung aus 14 Neubauprojekten im Zeitraum zwischen 1975 und 1995“ vorgenommen und war zu dem Ergebnis gekommen: Die tatsächlichen Baukosten eines Kilometers Autobahn belaufen sich auf 26,8 Millionen Euro.1)
Allein die 121 Kilometer auf niedersächsischer Seite wären da mit 3,24 Milliarden zu veranschlagen.
Das galt für 1995.
Eine moderate jährliche Teuerungsrate (1,5%) von 1995 bis 2022 dazugerechnet kommt man auf rund 4,55 Milliarden Euro, jedoch nur für die 121 Kilometer-Strecke in Niedersachsen. Unter der Elbe ist man da noch lange nicht durch.
Die voraussichtlichen Kosten für den Elbtunnel lagen laut Bundesrechnungshof im Jahr 1995 bei 1,5 Milliarden Euro. Im Vergleich mit den Kosten für die vierte Elbtunnelröhre der A7 in Hamburg, wären vor 7 Jahren 3,4 Milliarden realistisch gewesen.
Mit dem Geld der Steuerzahler wird leichtfertig umgegangen.
Die lobbyistisch agierenden Befürworter dieser Autobahn setzen immer wieder neue Zahlen für den Nutzen dieser Autobahn in die Welt. Absurd, dass der Nutzen einer Ware steige, wenn ihr Preis sich um das 7fache erhöht.
Dazu die Journalistin Christina Gerlach am 13.7.2022 im NDR-Fernsehen2): „Die Kosten für die geplante Küstenautobahn sind explodiert. Von 4,2 auf 5,8 Milliarden Euro. Kein Grund, das Projekt aufzugeben, heißt es von der Industrie- und Handelskammer Oldenburg, auch wenn es noch so teuer wird.“
Interessant ist das der Anmoderation folgende Statement von Jan Müller, Präsident der IHK Oldenburg und Vorstandsvorsitzender der J. Müller Aktiengesellschaft, Brake:
„Die Kosten müssen sich an einem Nutzen orientieren; ich kann Ihnen nicht sagen, ob das 6, 7, 8, 9 Milliarden, ich weiß noch nicht mal, ob das so teuer ist, sondern ich würde, kenne das aus vielen Verkehrsprojekten so (äh) man muss den Nutzen bewerten, der hat einen Wert und dann die Kosten dagegensetzen.“
Die Entwicklung der Kosten bis 2015 und noch mehr, können Befürworter und Gegner des Projekts in dem von der Schutzgemeinschaft ländlicher Raum Nord-West e.V. im Oktober 2015 herausgegebenen Broschüre „Kompendium A 20 – Fakten-Hintergründe-Alternativen“ nachlesen (und auch gerne überprüfen).3)
II Innehalten! Am 4. Mai dieses Jahres ging durch die Medien, dass Deutschland sein Budget an natürlichen Ressourcen für 2022 verbraucht hat. An diesem 125. Tag des Jahres, dem Over-Shoot-Day waren bereits sämtliche natürlichen Ressourcen erschöpft, die bei einer nachhaltigen Nutzung eigentlich bis zum Jahresende zur Verfügung stehen sollten.
Wir leben über unsere Verhältnisse. Wir verbrauchen mehr, als die Erde hergibt – gleichzeitig tragen wir durch diesen übersteigerten Konsum dazu bei, dass immer mehr lebensbedrohliche Schadstoffe in die Atmosphäre gelangen.
Würden alle Staaten der Erde so haushalten wie Deutschland, wären an diesem besagten Mittwoch weltweit alle ökologisch verkraftbaren Emissionen ausgestoßen.
In Deutschland ist es u.a. der Verkehrsbereich, insbesondere der Straßenverkehr, der bei den Emissionen die Einsparvorgaben nicht erfüllt. Allein der Bau der A 20 würde wesentlich dazu beitragen, dass sich diese Werte noch steigern.
Verantwortungslos beuten wir jetzt schon die Zukunft unserer Kinder, Enkel und Urenkel aus und hinterlassen ihnen damit eine lebensfeindliche Welt.
1) Wirtschaftsrat Deutschland – „Transparenz, Effizienz, Wettbewerb“